First Responder


Informationen zum Einreicher

Gerald Kastner
4364 St. Thomas am Blasenstein


Begriff/Bedeutung
First Responder (Abk. FR, englisch für "Erstversorger"), ist eine Einrichtung außerhalb des Rettungsdienstes. Der Begriff bezeichnet eine Person oder eine örtliche Einrichtung organisierter Erster Hilfe, die bei Notfällen die Zeit bis zum Eintreffen eines Rettungsmittels mit qualifizierten basismedizinischen Maßnahmen überbrücken soll. Ersthelfer dagegen bezeichnet jeden, der zufällig bei einem Unfall anwesend ist und Hilfe leistet, insbesondere Laien. In Oberösterreich wurde auch der Name Rot-Kreuz-Helfer vor Ort (Abk. RK-Helfer vor Ort, RK-HvO) diskutiert.

Sanitätsdienstliche und ärztliche Versorgung in St. Thomas bei Projektstart
Die sanitätsdienstliche bzw. Notfallmedizinische Versorgung der Bevölkerung von St. Thomas wird durch den Rettungs- und Krankentransportdienst sowie den Notarztdienst des Roten Kreuzes sichergestellt. Konkret werden hier Großteiles die an den umliegenden Ortsstellen Grein, Perg und Bad Zell stationierten Rettungsmittel eingesetzt. Als Sonderrettungsmittel stehen vorwiegend das NEF Perg sowie die ÖAMTC- Notarzthubschrauber C 10 und C15 im Einsatz.
Da St. Thomas jeweils in der äußeren Zone des Einsatzradius, der oben genannten Dienststellen liegt, ergeben sich lange Anfahrtszeiten, was dazu führt dass die Hilfsfrist häufig nicht eingehalten werden kann. Dazu kommen weite Transportwege in die nächstgelegenen Krankenhäuser.
In St. Thomas ist kein praktischer Arzt niedergelassen. Die Funktion des Gemeindearztes übt Dr. Christian Hintz aus Münzbach aus. Er ist einmal pro Woche für zwei Stunden im Arztzimmer am Gemeindeamt anwesend. Zusätzlich betreut Dr. Hintz die Patienten mit Hausbesuchen. Weiters stehen in den meisten Nachbarorten Ordinationen zur Verfügung. Während der Nachtstunden, sowie an Wochenenden und Feiertagen wird die ärztliche Versorgung, vom, für den gesamten Bezirk zuständigen, mobilen Hausärztlichen Notdienst, mit Stützpunkt in Perg übernommen.
Aus diesen Faktoren ergeben sich für Notfallpatienten oft überdurchschnittlich lange, präklinische Versorgungsphasen.

Fahrten- /Einsatzaufkommen in St. Thomas
Einsatzart Rettungseinsätze Notfälle Krankentransporte Gesamt
2013 26 29 98 153
2014 26 17 56 99

Zielsetzung
Das Rote Kreuz / die Bezirksstelle Perg will durch die Einführung eines First Responder Systems zur Verbesserung der Sanitätsversorgung in St. Thomas und darüber hinaus im Grenzgebiet zu den Nachbarsgemeinen beitragen. Das durch die langen Anfahrtswege, in den meisten Fällen, sehr lange versorgungsfreie Intervall zwischen dem eintreten eines Notfalls und der ersten medizinischen Versorgung soll damit so kurz als möglich gehalten werden.
Je schneller qualifizierte Maßnahmen durchgeführt werden, desto günstiger ist der Heilungsverlauf und umso kürzer ist im Durchschnitt die nachfolgend notwendige Behandlungszeit.

Aufgaben eines First Responder Teams
First Responder überbrücken die Zeit bis zum Eintreffen der Mannschaften aus dem organisierten Rettungsdienst. Sie übernehmen dabei folgende Aufgaben.
• Leistung qualifizierter Erster Hilfe bzw. Sanitätshilfe nach aktueller Lehrmeinung des ÖRK
• Erkunden der Lage
• Absetzen einer Lagemeldung an die Rettungsleitstelle
• Die Verbindung zur RLS aufrecht halten
• Nachfolgende Rettungsmittel einweisen
• Unterstützung bei der weiteren Versorgung und Herstellung der Transportfähigkeit nach Eintreffen eines Rettungsmittels
• Psychische Betreuung der betroffenen Patienten und Angehörigen
• Durchführung administrativer Aufgaben (Einsatzdokumentation)
• Sicherstellung der die Einsatzbereitschaft der Ausrüstung
• Mit entsprechender Ausbildung (z.B. Führungskräfteausbildung) kann nach Absprache mit der Leitstelle die Einsatzleitung übernommen werden.
Organisation und Abläufe

Struktur / Aufbau
Die First Responder Gruppe St. Thomas/ Bl. bildet sich aus freiwilligen Mitarbeitern des OÖ Roten Kreuzes (Bezirk Perg) mit einer abgeschlossenen Rettungs- oder Notfallsanitäterausbildung und aufrechter Tätigkeitsberechtigung, die dem Anforderungsprofil entsprechen. Die Mitarbeiter haben ihren Wohnsitz im Wirkungsbereich des Systems. Sie versehen den Dienst zusätzlich und außerhalb ihrer Dienstverpflichtung im RKT. Die Bereitschaftsstunden die im Rahmen des FR- Dienstes geleistet werden sind nicht auf die RKT- Mindestverpflichtung anrechenbar. Für diese Dienste ist auch keine Entschädigung analog der geleisteten freiwilligen Stunden im RKT- Dienst vorgesehen.
Die Gruppe ist dem Bezirksrettungskommandanten unterstellt. Er kann einen Gruppenleiter ernennen. Dieser ist der direkte Ansprechpartner für alle Mitglieder des Teams und für organisatorische Abläufe (Aus- und Weiterbildung, MPG- Überprüfungen, Bereitstellung von ortsspezifischem Basismaterial usw.) verantwortlich. Es sind eine Führungskräfteausbildung sowie die Praxisanleiterausbildung von Vorteil.
Das FR- System ist eine Ergänzung zum Rettungsdienst, stellen aber kein Rettungsmittel dar. Daher ist der Einsatz eines FR auch nicht auf die Hilfsfrist anrechenbar.
Die Hilfsfrist bezeichnet den Zeitraum vom Eingehen einer Notfallmeldung in der zuständigen Rettungsleitstelle bis zum Eintreffen des ersten Rettungsmittels am Einsatzort. Als Hilfsfrist wurde vom ÖRK eine international gebräuchliche Zeitspanne von 15 Minuten definiert, in der das Erreichen von 95 % aller Notfallorte möglich sein soll. Diese Frist ist aber in Oberösterreich nicht gesetzlich vorgeschrieben.

Personal
Aktuell sind acht aktive RK- Rettungssanitäter in St. Thomas wohnhaft, die sich bereit erklärt haben im FR- Dienst mitzuarbeiten. Drei weitere Mitarbeiter sind in unmittelbarer nähe zur Gemeindegrenze, in Bad Kreuzen zuhause und wollen ebenfalls am System teilnehmen. Somit umfasst die First Responder- Gruppe St. Thomas aktuell elf Mitarbeiter, von denen acht sofort nach Absolvierung des FR- Ausbildungsmoduls und drei nach einer entsprechenden Praxisphase im Rettungsdienst eingesetzt werden können.
Momentan ist leider kein Sanitäter untertags im örtlichen Wirkungsbereich verfügbar. Eine Dienstabdeckung Rund um die Uhr kann daher zurzeit leider nicht sichergestellt werden.

Verfahren
So viele FR wie möglich werden mit einem Ausrüstungsset ausgestattet, das sie ständig im Privat- PKW mitführen. Die Mitarbeiter melden sich, sobald sie im Wirkungsbereich verfügbar sind, bei der RLS Perg einsatzbereit. Sie müssen dann im Falle einer Alarmierung innerhalb von 2 Minuten zum Einsatz ausrücken.

Vorteile:
• Mitarbeiter können sich auch für kürzere Zeitspannen einsatzbereit melden.
• Dadurch ergibt sich eine insgesamt höhere Abdeckung.

Nachteile:
• Höhere Anschaffungs- und Betriebskosten.

Einsatzbereitschaft
Mitarbeiter die sich bei der Rettungsleitstelle Perg als FR einsatzbereit melden, sollten ihren Alltag während der Bereitschaftszeit so organisieren, dass ein Einsatz ohne Zeitverzögerung angenommen werden kann. Darüber hinaus wird folgendes vorausgesetzt.
• Der Mitarbeiter darf nicht unter Einfluss von Alkohol, Medikamenten usw. stehen
• Der First Responder muss sich, solange er einsatzbereit gemeldet ist, im Wirkungsbereich des Systems aufhalten.
• Die Ausrüstung muss funktionstüchtig sein.

First Responder Einsatz
Im Einsatz handelt ein FR bis zum Eintreffen eines Rettungsmittels eigenverantwortlich im Sinne der gültigen Lehrmeinung des ÖRK, gemäß den Aufgabenstellungen die sich durch eine Verwendung im Sanitätsdienst ergeben. Er ist berechtigt Rettungs- bzw. Sonderrettungsmittel nachzufordern oder gegebenenfalls zu stornieren, trägt aber dafür die alleinige Verantwortung. Nach Eintreffen eines Rettungsmittels untersteht der FR der fachlichen Weisung des RD- Personals bzw. des Notarztes. Eventuell an der Einsatzstelle befindliche, nicht im Rettungsdienst tätige Ärzte sind ebenfalls weisungsberechtigt gegenüber dem FR.
Mitarbeiter mit entsprechender Ausbildung können nach Absprache mit der RLS nötigenfalls die Einsatzleitung übernehmen und sind somit in einsatztaktischen Belangen weisungsbefugt.

Einsatzarten

Primäreinsätze
FR rücken parallel zu Rettungsmitteln aus dem Regeldienst des RKT zur Versorgung von Notfallpatienten aus.

Assistenzeinsätze
FR werden von einer RD- Mannschaft zur Unterstützung bei der Versorgung bzw. Rettung eines Patienten nachgefordert.

Rufhilfeeinsätze
FR werden von der RLS zu Rufhilfeeinsätzen im Gemeindegebiet von St. Thomas entsandt. Sie haben keinen Schlüssel zur Wohnung des Klienten. Ein Einsatz macht daher nur Sinn, wenn die zeitnahe Bereitstellung eines Schlüssels durch Dritte geklärt ist. (Derzeit betreut das RK in St. Thomas 7 RUHI- Klienten)

Indikationen
Ein First Responder wird von der RLS gleichzeitig mit regulären Rettungsmitteln entsandt, wenn ein Notfall vorliegt, bei dem von einer Bedrohung der Vitalfunktionen eines Patienten ausgegangen werden muss oder diese bereits eingetreten ist und ein Zeitvorsprung des FR von mindestens 5 Minuten gegenüber dem ersteintreffenden Rettungsmittel anzunehmen ist.
Ungeachtet der zeitlichen Verhältnisse ist ein FR dann zu entsenden, wenn
• ein Sonderrettungsmittel als erstes am Einsatzort eintrifft und die RD- Mannschaft noch länger als 15 min braucht.
• es sich um eine Reanimation handelt. (Zu einer CPR sollten generell zwei FR entsandt werden)
• ein Anfall von mehreren Verletzten gegeben ist.

Bemerkung
Bei Einsätzen aus eigener Wahrnehmung oder Aufforderung durch Dritte (z.B. Angehörige eines Notfallpatienten, die wissen, dass ein FR im Dienst steht) ist auf jeden Fall sofort mit der Rettungsleitstelle Rücksprache zu halten.

Alarmierung
Die Alarmierung erfolgt grundsätzlich über die Rettungsleitstelle Perg. Zur technischen Durchführung soll hier ein „Werkzeug“ zur Verfügung gestellt werden, das es den Mitgliedern der FR- Gruppe ermöglicht sich jederzeit für Bereitschaftsdienste an bzw. abzumelden. Diese Information wird in Echtzeit, im Idealfall mit Standortdaten, an die Leitstelle übermittelt, sodass der nächstgelegenen FR möglichst ohne zusätzlichen Zeitaufwand, wie alle anderen RK- Einsatzmittel disponieren kann.

Möglichkeiten der technischen Umsetzung einer derartigen Alarmierung stellen zum einen bestehende Apps dar, wie sie z.B. vom RK Steiermark verwendet werden. Andererseits wird auch angedacht eine eigene Applikation mit den erforderlichen Funktionen zu entwickeln.
Diese möglichen Lösungen sollen geprüft und in weiterer Folge unter Einbeziehung des OÖRK- Landesverbandes umgesetzt werden.

Da dieser Prozess aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird, erfolgt die Alarmierung vorübergehend über das bereits vorhandene Alarmierungssystem INFOCALL. Wobei die Einsatzadresse als SMS an die gesamte Gruppe gesandt wird und sich jene FR, die ihren eintreffen in einem Zeitrahmen von 10 Minuten einschätzen, aktiv per Rückruf bei der RLS Melden. Diese vergibt anschließend den Einsatz mit allen relevanten Daten.

Als Notebene bzw. Alternative dazu sind die First Responder per Anruf über das Mobiltelefon erreichbar.

Anfahrt zum Einsatzort

Die Anfahrt zum Einsatzort erfolgt mit dem Privat- PKW des FR unter voller Einhaltung der StVO ohne Sondersignal (Blaulicht). Auch die Verwendung einer orangen Warnleuchte ist nur zur Absicherung einer Gefahrenstelle gestattet.
An der Einsatzstelle ist das einschalten der Warnblinkanlage empfehlenswert!

Versicherung
Da es sich in der Regel um freiwillige Mitarbeiter aus dem Bereich RKT handelt und sie als FR quasi im Rettungsdienst tätig werden, besteht dafür beim Roten Kreuz eine Kollektiv-Unfall- und Haftpflichtversicherung. Die Privat- PKW der betreffenden Mitarbeiter sind in die RK-Kaskoversicherung aufzunehmen, es erfolgt jedoch keine Verrechnung von KM-Geld und es wird keine Blaulichtgenehmigung erteilt.

Dokumentation
Alle Einsätze sind gemäß § 5 SanG zu dokumentieren. Dazu werden die im RKT verwendeten Einsatzprotokolle genutzt. Die sorgfältig ausgefüllten Protokolle sind innerhalb von 3 Tagen über den Gruppenleiter an die Bezirksstelle zu übermitteln und werden dort archiviert.

Material / Ausrüstung
Dienstbekleidung / Schutzausrüstung / Kennzeichnung
Im Einsatz tragen FR grundsätzlich die Dienstbekleidung lt. Uniformvorschrift des ÖORK.
Zusätzlich haben sich die Mitarbeiter durch eine Warnweste mit der Aufschrift „FIRST RESPONDER“ zu kennzeichnen.
In Situationen in denen ein Erreichen des Notfallortes, durch das Anlegen der vollständigen Adjustierung, nicht in gebotener Zeit gewährleistet werden kann, ist es zulässig angemessene Zivilkleidung“ bzw. nur Teile der persönlichen Schutzausrüstung (Jacke, Sicherheitsschuhe…), jedenfalls aber die FR- Warnweste zu tragen. Die PSA ist aber immer soweit zu verwenden, dass der Eigenschutz gegeben ist.
Durch den FR- Dienst besteht kein Anspruch auf zusätzliche Uniformteile.

Finanzierung
Für die FR- Gruppe St. Thomas werden 10 Ausrüstungssets angekauft, die von der RK- Bezirksstelle Perg, der Marktgemeinde St. Thomas/ Bl. und der Sponsoren aus St. Thominger Wirtschart finanziert wurden.

Erfahrungen
Die Mitarbeiter der First Responder Gruppe des Roten Kreuzes kamen seit 1. Februar 2016 bei 15 Notfällen im Gemeindegebiet von St. Thomas und bei 2 weiteren außerhalb der Gemeindegrenzen zum Einsatz. Die durchschnittliche Anfahrtszeit zu den Einsatzorten lag dabei bei ca. 7 Minuten. Die Zeit bis zum Eintreffen von professionellen Helfern bei den Patienten kann also durch das FR- System um etwa die Hälfte reduziert werden.

Die erfolgreiche Etablierung dieses Systems wurde uns auch durch positive Rückmeldungen aus der Bevölkerung, aber auch von den Besatzungen der Rettungs- bzw. Sonderrettungsmittel aus dem regulären Rettungsdienst sowie von der Rettungsleitstelle Perg bestätigt. Durch die sehr guten Ausrüstung, die den First Respondern dank der finanziellen Unterstützung durch Sponsoren und die Marktgemeinde St. Thomas zur Verfügung steht, können akut erkrankte und verletzte Personen optimal erstversorgt werden. Dadurch kann die präklinische Versorgungsphase ebenfalls verkürzt werden.

Erwähnenswert ist auch die sehr gute Zusammenarbeit mit der freiwilligen Feuerwehr, die schon bei einigen gemeinsamen Übungen und Einsätzen unter Beweis gestellt wurde.

Zur Einführung eines FR- Systems in Folge unseres Projekts, gab es zu Beginn eine Anfrage aus dem Bezirk Freistadt.



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